Die Probleme der Einheitskategorie

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Wie bereits 2019 wird beim Sanremo-Festival 2022 der getrennte Newcomer-Wettbewerb aufgegeben, eine Entscheidung, die Fragen aufwirft.

Wie bereits 2019 wird beim Sanremo-Festival 2022 der getrennte Newcomer-Wettbewerb aufgegeben, eine Entscheidung, die Fragen aufwirft.

Textlogo von Sanremo Giovani auf dunkelblauem Hintergrund
(Credits: Rai)

Der gestrigen Ankündigung waren Gerüchte vorangegangen: Beim Festival 2022 wird es wie schon 2019 keine Newcomer-Kategorie mehr geben. Stattdessen beschränkt sich der Newcomer-Wettbewerb auf Sanremo Giovani im Dezember 2021, dessen zwei Sieger schließlich in der Hauptkategorie des Festivals ins Rennen gehen dürfen – mit neuen Liedern. Eine wie auch immer geartete Zusammenlegung der (seit 1984 bestehenden) Kategorien ist kein Novum, kein Versuch hatte aber je länger Bestand: 1998 nahmen die Top drei der Newcomer-Kategorie gleichzeitig am Hauptwettbewerb teil, 2004 gab es eine reine Einheitskategorie ohne öffentliche Vorauswahl, 2005 und 2006 waren die Newcomer eine von fünf bzw. vier Kategorien mit einem gemeinsamen Podium.

Die Nachteile der Zusammenlegung liegen auf der Hand: Der öffentliche Wettbewerb der Newcomer (also der acht Finalisten von Sanremo Giovani sowie der vier Finalisten von Area Sanremo) spielt sich im Dezember mit nur einem Bruchteil der öffentlichen Aufmerksamkeit ab, die das Sanremo-Festival bekommt; nur zwei der Newcomer (statt üblicherweise acht) erhalten also die Chance, sich dem eigentlichen Sanremo-Publikum zu präsentieren. 2019 hatten diese noch dazu beide Verträge mit Major-Labels, was zeigt, dass unabhängige Labels so noch weniger Möglichkeiten haben. Außerdem hat sich 1998 gezeigt, dass die zusätzliche Aufmerksamkeit durch einen möglichen Doppelsieg wettbewerbsverzerrend wirken kann (was sich 2019 gewissermaßen wiederholte).

Die Sängerin Annalisa Minetti hält nach ihrem Doppelsieg den ersten Preis des Sanremo-Festivals 1998 in die Kamera.
Annalisa Minetti, die Doppelsiegerin von Sanremo 1998 (Credits: Autor unbekannt, in Italien gemeinfrei)

Es ist unklar, warum Amadeus trotz dieser Nachteile wieder die Einheitskategorie gewählt hat (die er selbst 2020 bewusst abgeschafft hatte). Dem Newcomer-Wettbewerb mehr Platz einzuräumen ist zwar ein löbliches Unterfangen, aber die erwartbaren Einschaltquoten stehen leider nicht im Einklang mit dieser Intention; selbst der kurze Abschnitt zu Beginn eines Sanremo-Abends erreicht im Normalfall mehr Menschen als Sanremo Giovani. Im Sinne der Showplanung erleichtert eine einzige Kategorie beim Festival aber vermutlich die Arbeit. Noch ist auch unbekannt, wie viele Teilnehmer für Sanremo 2022 vorgesehen sind. 1983 (vor Einführung der Newcomer-Kategorie) waren es 36, 2004 nur 22, 2019 immerhin 24. Eine Wiederholung der 26 des Vorjahres wäre denkbar, nachdem nun ja die acht Newcomer wegfallen.

Weitere Neuerungen sind die weitere Reduzierung des Höchstalters der Teilnehmer (nun 29) und die Anforderung, dass alle Teilnehmer bereits zu Beginn des Auswahlverfahrens ein zweites Lied für die etwaige Festivalteilnahme einreichen müssen. Erstere Änderung ist grundsätzlich zu begrüßen, letztere hingegen scheint eher eine Nice-to-have-Forderung zu sein, da dieses zweite Lied laut Regeln vor einer tatsächlichen Sanremo-Teilnahme in Absprache mit der künstlerischen Leitung immer noch geändert werden kann.

Ob sich 2019 vollständig wiederholen und 2022 uns also einen Doppelsieg bescheren wird, bleibt abzuwarten. Viel hängt jetzt von den Abstimmungsverfahren beim Festival ab, aber natürlich auch von der Liedauswahl.

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