San Marino probiert erneut Sanremo

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Am gestrigen 25. Februar 2023 fand das Finale der zweiten Ausgabe von Una voce per San Marino statt. Ein kleiner Rückblick auf ein Festival, das wie Sanremo sein will, aber dann auch wieder nicht.

Am gestrigen 25. Februar 2023 fand das Finale der zweiten Ausgabe von Una voce per San Marino statt. Ein kleiner Rückblick auf ein Festival, das wie Sanremo sein will, aber dann auch wieder nicht.

Logo Una voce per San Marino

Trotz des Halbfinalausscheidens beim ESC 2022 mit Achille Lauro hielt man in San Marino dieses Jahr an der Veranstaltung Una voce per San Marino fest. Es waren erneut Teilnehmende aus der ganzen Welt willkommen. 106 Beiträge gingen in 23 Castingrunden und anschließend fünf Semifinals ins Rennen. In diesem kaum überschaubaren Feld waren wie im Vorjahr diverse italienische Castingshowabgänger:innen (etwa Lorenzo Licitra und Thomas) und auch einige ehemalige Sanremo-Teilnehmende (etwa Deborah Iurato oder Moreno) vertreten. Auffällige Namen waren der DSDS-Sieger Daniel Schuhmacher, das Dance-Duo Eiffel 65, der Trompeter Roy Paci und die albanische ESC-Teilnehmerin Ronela.

Nach einer Woche voller Semifinals war es am Samstag so weit: Jonathan Kashanian und Senhit begrüßten aus dem Teatro Titano in San Marino das Publikum zum großen Finale. Es traten 21 Teilnehmende mit ihren Beiträgen auf, über die eine Jury unter dem Vorsitz von Al Bano abstimmte. Wie schon im Vorjahr waren die Anleihen beim Sanremo-Festival sehr offensichtlich: Das Theater, die Anmoderationen und die ständigen Unterbrechungen durch Gäste und Moderation wirkten vertraut. Wie dieses Jahr in Sanremo saßen auch hier die Staatsoberhäupter, die san-marinesischen Capitani Reggenti, im Publikum.

Ein Hauptproblem der Veranstaltung war, dass sie auch das Tempo von Sanremo übernahm. Wenn Una voce per San Marino Publikumsinteresse erzeugen will, ist es mit Sicherheit kontraproduktiv, das Ergebnis bis nach 1 Uhr nachts hinauszuzögern. Und auch wenn die Show an sich professionell aufgezogen war, lassen sich mit dem geringen Budget nun einmal keine wirklich interessanten Momente abseits der Liedpräsentationen kreieren. Die Auftritte eines Stimmenimitators, ein Beatles-Tribut, ein Ukraine-Gedenken, zwei Videobotschaften von Zucchero und ein brasilianisches Vater-Sohn-Duo sorgten nur für wenig Abwechslung im zähen Programm. Dazu kam die wie im letzten Jahr erschreckend schlechte Tonqualität.

Wenig überraschend machte der Jurypräsident die Veranstaltung auch immer wieder zu einem Festival di Al Bano. Beim regelmäßigen Plaudern mit dem Moderator hörte er kaum noch auf zu reden und spät in der Nacht durfte natürlich auch ein längerer Auftritt nicht fehlen. Das heikle Thema Russland und Ukraine umschiffte er immer wieder gefährlich nahe. Sein selbstgefälliges Auftreten schien auch den Moderator des Öfteren zu verunsichern.

Während die Veranstaltung sich insgesamt eher zu ernst nahm (ähnlich wie Al Bano), war das Ergebnis des Wettbewerbs ein Rätsel. Die Jury schien die Ergebnisse gewürfelt zu haben, der Sieg der italienischen Band Piqued Jacks wirkte völlig zufällig. Das steht im krassen Gegensatz zu 2022, als Achille Lauro die offensichtliche Wahl war. Die besseren Beiträge wurden diesmal überwiegend mit Sonderpreisen abgespeist (wovon ganze fünf vergeben wurden). OGAE Italy durfte gar einen Sonderpreis für das am besten für den ESC geeignete Lied vergeben (er ging an Le Deva). Dies wirkt besonders absurd, da man dieses Lied dann eben nicht für den ESC auswählte.

Die vier Mitglieder von Piqued Jacks stehen mit ihrem Preis auf der Bühne. Um sie herum befinden sich Senhit, Al Bano, Jonathan und der san-marinesische Tourismusreferent.
Piqued Jacks gewinnen Una voce per San Marino 2023 (Credits: Valentina Sabino / San Marino RTV)

Es fragt sich, wie der ganze Aufwand für die Veranstaltung zu rechtfertigen ist, wenn das eigentliche Ziel, die Auswahl des san-marinesischen ESC-Beitrags, so gar nicht ernst genommen wird. In dieser Form wird Una voce per San Marino wohl leider kein langes Leben beschieden sein.

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